Spekulationssteuer bei Immobilien

Spekulationssteuer
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Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater.


Mit „Spekulationssteuer“ ist keine eigene Steuerart gemeint, sondern die Einkommensteuer auf Gewinne aus sogenannten privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG. Ein solches Geschäft liegt vor, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf eines im Privatvermögen gehaltenen Grundstücks oder einer Wohnung nicht mehr als zehn Jahre liegen. Die Steuer richtet sich nach dem persönlichen Einkommensteuersatz und kann – je nach Höhe des übrigen Einkommens – beträchtlich ausfallen; Zuschläge wie Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer kommen hinzu.

Steuerfreie Verkäufe: Eigennutzung und 10-Jahres-Regel

Die 10-Jahres-Frist

Nach Ablauf von zehn Jahren zwischen Anschaffung und Veräußerung bleibt der Gewinn aus dem Verkauf eines privat gehaltenen Grundstücks regelmäßig steuerfrei. Auf die Nutzung innerhalb dieser Zeitspanne kommt es dann nicht mehr an, solange das Objekt Privatvermögen war.

Die 1-plus-2-Regel bei Eigennutzung

Auch vor Ablauf der zehn Jahre kann steuerfrei verkauft werden, wenn das Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde: steuerfrei ist der Verkauf, wenn im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorlag. Es genügen Kalendertage in den maßgeblichen Jahren, vollständige zwölf Monate sind nicht erforderlich. Ein typischer Fall: Erwerb kurz vor Jahresende, Einzug im selben Jahr, fortgesetzte Eigennutzung im Folgejahr und Verkauf im darauffolgenden Jahr.

Ständige Eigennutzung seit dem Erwerb

Wurde die Immobilie seit der Anschaffung ausschließlich selbst bewohnt, ist ein Verkauf ebenfalls steuerfrei; eine Spekulationsfrist spielt dann keine Rolle. Diese Steuerfreiheit entfällt, sobald die ausschließliche Selbstnutzung unterbrochen wird, etwa durch Vermietung oder gewerbliche Nutzung einzelner Räume.

Erbschaft und Schenkung: Fußstapfentheorie

Beim unentgeltlichen Erwerb durch Erbschaft oder Schenkung beginnt keine neue Spekulationsfrist. Für die steuerliche Beurteilung werden die Anschaffungszeitpunkte und Nutzungen der Rechtsvorgängerin oder des Rechtsvorgängers übernommen. Damit „erbt“ die Erwerberseite auch eine bereits laufende oder abgelaufene Frist.

Beginn und Ende der Frist: Worauf die Finanzverwaltung abstellt

Für die Berechnung der Zehnjahresspanne sind grundsätzlich die Daten der beiderseitig bindenden Vertragsabschlüsse maßgeblich. Im Regelfall ist das das Datum der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags bzw. des späteren Kaufvertrags beim Verkauf. Nicht entscheidend ist der Übergang von Nutzen und Lasten, wenn die Parteien bereits rechtsverbindlich gebunden sind. Die Rechtsprechung stellt darauf ab, wann die Vertragsparteien ihre bindenden Willenserklärungen abgegeben haben.

Häufige Stolpersteine in der Praxis

Kurzfristige Vermietung und AirBnB

Wird eine ansonsten selbst bewohnte Immobilie tage- oder wochenweise an Dritte überlassen, kann die Finanzverwaltung die ausschließliche Eigennutzung verneinen. Das gefährdet die Steuerfreiheit vor Ablauf der zehn Jahre. Gerade bei wiederholter Kurzzeitvermietung, etwa über Plattformen, sollte die Einordnung sorgfältig geprüft werden.

Nachträgliche „Zwischennutzung“

Wurde nach längerer Eigennutzung noch vor dem Verkauf kurzfristig vermietet, ist zu unterscheiden: Liegt weiterhin im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, bleibt der Verkauf steuerfrei. Fehlt diese Klammer der Eigennutzung, greift die zehnjährige Spanne.

Gemischt genutzte Objekte

Bei Gebäuden mit unterschiedlichen Nutzungen wird getrennt betrachtet. Der ausschließlich selbst bewohnte Anteil kann steuerfrei veräußert werden. Ein vermieteter Teil ist innerhalb der Zehnjahresfrist grundsätzlich steuerpflichtig. Räume, die zum Betriebsvermögen gehören, unterliegen ohnehin nicht § 23 EStG; für betriebliche Grundstücke gelten eigenständige Regelungen, etwa zu Reinvestitionsrücklagen nach § 6b EStG.

Nutzung durch Kinder

Die unentgeltliche Überlassung an ein Kind, für das ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht, gilt als Eigennutzung der Eigentümerin bzw. des Eigentümers. Eine Vermietung an das Kind zählt dagegen als Fremdnutzung und kann die Steuerfreiheit vor Ablauf der zehn Jahre ausschließen.

Drei-Objekt-Grenze als Abgrenzung zum Grundstückshandel

Wer innerhalb von fünf Jahren regelmäßig mehr als drei Objekte in engem zeitlichen Zusammenhang zu Anschaffung, Herstellung oder grundlegender Modernisierung veräußert, kann in den Bereich des gewerblichen Grundstückshandels geraten. Dann liegen gewerbliche Einkünfte vor; es drohen neben Einkommensteuer auch Gewerbesteuerfolgen. Die Drei-Objekt-Grenze ist ein Indiz, keine starre Schwelle, und ersetzt nicht die Prüfung des Gesamtbildes.

Wie der steuerpflichtige Gewinn ermittelt wird

Rechengrundlage

Maßgeblich ist der Überschuss aus Veräußerungserlös abzüglich der Anschaffungs- und Herstellungskosten einschließlich Erwerbsnebenkosten (z. B. Grunderwerbsteuer, Notar, Grundbuch, Makler) und der mit dem Verkauf verbundenen Ausgaben. Bei zuvor vermieteten Objekten mindern geltend gemachte Gebäudeabschreibungen (AfA) die steuerliche Bemessungsgrundlage, weil sie den Buchwert senken und so den Veräußerungsgewinn erhöhen.

Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Aufwendungen für Instandsetzung und Modernisierung innerhalb der ersten drei Jahre nach Erwerb, die insgesamt mehr als 15 Prozent der Gebäudekosten (netto) ausmachen, gelten steuerlich als anschaffungsnahe Herstellungskosten. Sie werden den Anschaffungskosten zugerechnet und nicht sofort als Erhaltungsaufwand abgezogen; für die Gewinnermittlung wirkt sich das wie eine Erhöhung der historischen Kosten aus.

Freigrenze für kleine Gewinne

Seit dem Veranlagungszeitraum 2024 bleibt der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften bis 1.000 Euro pro Kalenderjahr steuerfrei. Wird dieser Wert überschritten, ist der gesamte Gewinn steuerpflichtig; es handelt sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Die Regel gilt für alle privaten Veräußerungsgeschäfte, also auch für Grundstücke.

Sonderfälle bei der Erfassung

Wird der Kaufpreis in Raten gezahlt, verteilt sich der steuerpflichtige Gewinn grundsätzlich auf die Jahre des Zuflusses. Eine Enteignung stellt demgegenüber kein privates Veräußerungsgeschäft dar.

Fristberechnung in der Praxis

Für die Zehnjahresfrist zählt die Zeitspanne zwischen dem Tag der notariellen Beurkundung des Erwerbsvertrags und dem Tag der beiderseitig bindenden Veräußerungsvereinbarung. Ein Verkauf ist nach Ablauf dieser Spanne steuerfrei, unabhängig davon, wann Nutzen und Lasten übergegangen sind. Die 1-plus-2-Regel erlaubt zudem eine Steuerfreiheit vor Ablauf der Frist, wenn in den relevanten Kalenderjahren eine Eigennutzung vorlag; dabei reichen Kalendertage. Damit kann – bei rechtzeitigem Einzug kurz vor Jahresende – bereits zwei Kalenderjahre später steuerfrei veräußert werden.

Was Vermietung, Leerstand und Mischnutzung für die Steuerfreiheit bedeuten

Eine durchgängige Selbstnutzung sichert die Steuerfreiheit – sie entfällt, sobald das Objekt Dritten überlassen wird. Kurzfristige Leerstände sind unkritisch, wenn sie Teil einer fortlaufenden Selbstnutzung sind, etwa bei Umzugsvorbereitung oder Verkaufsvorbereitung. Bei Mischnutzung sind die Nutzungsanteile sauber zu trennen; der selbst bewohnte Teil kann steuerfrei veräußert werden, vermietete oder betrieblich genutzte Flächen unterliegen im Rahmen des § 23 EStG oder – bei Betriebsvermögen – den Regeln des Ertragsteuerrechts.

Fazit

Werden Immobilien im Privatvermögen gehalten, entscheidet entweder die Zehnjahresspanne oder die Eigennutzung im Verkaufsjahr und den beiden Vorjahren über die Steuerfreiheit. Wichtig sind korrekte Fristberechnung nach den Vertragsdaten, eine klare Nutzungshistorie und das Vermeiden von Unterbrechungen der Eigennutzung durch Vermietung. Bei gemischter Nutzung, Überlassung an Kinder, Kurzzeitvermietung oder mehreren Verkäufen in kurzer Zeit sollte eine steuerliche Prüfung erfolgen, um ungewollte Steuerfolgen zu vermeiden.

Verfasst von Redaktion

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